Deutsche Folterchemie für Iran

Eingang zum berüchtigten Evin Folterknast im Iran

Thiopental ist ein umstrittenes Medikament. So umstritten, dass die drei deutschen Hersteller der Substanz sich weigern,  in die USA zu liefern. Denn dort könne sie, so die Begründung, als Bestandteil der tötlichen Injektion bei der Hinrichtung von Schwerverbrechern eingesetzt werden. Ein Risiko, das deutsche Firmen aus menschenrechtlichen Bedenken nicht eingehen wollen. In geringerer Dosierung ist Thiopental auch als „Wahrheitsdroge“ bei Folterverhören bekannt. Keine moralischen Bedenken hatte einer der Hersteller allerdings bei dem Versuch, 5.000 Fläschchen ohne die notwendige Ausfuhrgenehmigung in den Iran zu schicken. Einem aufmerksamen Beamten des Kölner Zolls ist es zu danken, dass die Sendung abgefangen wurde.

Die Frankfurter Rundschau berichtet:

Der Zoll in Bonn hat die Ausfuhr von 2,5 Kilo eines als Hinrichtungsgift bekannten Medikaments in den Iran verhindert. Es habe sich um 5 000 Fläschchen gehandelt, teilte das Hauptzollamt Köln am Montag mit. Die Substanz Thiopental bedarf für den Versand ins Ausland der besonderen Genehmigung durch das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle. Diese lag aber nicht vor. (…)

Thiopental kam 2011 erstmals ins Gerede, als der Verband der forschenden Pharmaunternehmen in Deutschland bekannt gab, seine Mitgliedsfirmen würden Lieferanfragen aus den USA nicht mehr beantworten. Es gelte, hieß es damals diplomatisch, als problematisch interpretierbare Verwendungen von Thiopental auszuschließen.

Thiopental steht auf einer Liste der EU „betreffend den Handel mit Gütern, die zur Vollstreckung der Todesstrafe, zu Folter oder zu anderer grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe verwendet werden können“. Es handelt sich um ein Betäubungsmittel, das normalerweise für Kurzbetäubungen und bei Kaiserschnitten eingesetzt wird. In den USA wird es jedoch vor allem bei Häftlingen angewendet, die auf die Hinrichtung durch eine Giftspritze vorbereitet werden. In Verhören kann es außerdem als „Wahrheitsdroge“ genutzt werden.

In Deutschland gibt es drei Hersteller von Thiopental, Rotex Medica in Schleswig-Holstein, Inresa in Freiburg und Nycomed in Konstanz. Rotex hat um eine Ausfuhrerlaubnis in den Iran angefragt, aber bislang keinen Bescheid bekommen. Inresa liefert nur innerhalb Europas. Von Nycomed lag bis Redaktionsschluss keine Stellungnahme vor.

Spürnase: Siegfried