Linke wollen Merkel behalten

Man stelle sich vor, Deutschland würde von Steinbrück, Trittin und Gysi regiert. Dann könnte es der CDU ja glatt einfallen, eine Rolle zu spielen, die in der deutschen Demokratie der Gegenwart nicht vorgesehen ist: Opposition. Darum ist es besser, Merkel bleibt. Politisch macht es keinen Unterschied, linkere Politik als die CDU schaffen auch Linke nicht, aber dafür gibt es keinen Widerspruch. Denn alles was rechts der CDU ist, ist per Definition Nazi und wird mit vereinten Kräften nieder gebrüllt. Das ist keine rechte Demagogie, sondern steht so im Zentralorgan der schwätzenden Klasse.

Aus der taz:

Wenn nicht alles täuscht, wird die nächste Regierungschefin nach dem Willen der Mehrheit wieder Angela Merkel heißen. Und wenn man einer aktuellen Forsa-Umfrage Glauben schenkt, will sogar fast die Hälfte der Grünen-Wähler sie weiter als Kanzlerin behalten.

Zu Recht, denn Merkel hat sich bewährt. Oder glaubt irgendwer, ein SPD-Kanzler hätte sich in der Euro-Krise, in der NSA-Affäre oder gegenüber Syrien ernsthaft anders verhalten als Merkel? Ein Steinbrück, der noch als Finanzminister einst scherzhaft die Kavallerie in die Schweiz einreiten lassen wollte oder Italiens Exregierungschef als Clown verspottete, hätte die Nachbarländer mit seinen flapsigen Sprüchen vermutlich weit mehr gegen sich aufgebracht, als Merkel es mit ihrer stoischen und wortkargen Art vermocht hat.

Doch es geht um mehr als nur um Unterschiede im Stil. Merkel hat ja im Grunde eine sozialdemokratischere Politik betrieben als ihr Vorgänger Gerhard Schröder, was Stefan Raab mit seinem Wahl-O-Mat-Witz recht gut getroffen hat. Nicht nur, dass sie Schröders Kurs der Agendapolitik und der Abstinenz von Militäreinsätzen („keine Abenteuer“) mit ruhiger Hand weiterführt. Auch sonst hat sie die Unterschiede zur politischen Konkurrenz so weit nivelliert, dass sie kaum noch Angriffsfläche bietet.

Im Bildungsbereich hat sich die Union lockergemacht und von der Hauptschule losgesagt, in der Familienpolitik ihre Biegsamkeit bewiesen, indem sie die Frauenquoten diskutiert und den Kitaausbau vorangetrieben hat. Mit der Energiewende hat sie den Grünen den Wind aus den Segeln genommen.

Vor allem aber hat sich die Union unter Merkel von jenem völkischen Denken verabschiedet, das für sie unter Helmut Kohl noch konstitutiv war. Heute zeigt sich die CDU offen für Einwanderer, sogar für Muslime. Und mit der Einführung islamischen Religionsunterrichts an deutschen Schulen und der Einrichtung von Lehrstühlen für islamische Theologie an deutschen Universitäten wurden in Merkels Amtszeit die Weichen dafür gestellt, dass sich der Islam in Deutschland etablieren konnte. Eine rot-grüne Regierung hätte sich das kaum getraut aus Furcht, dafür als naive Gutmenschen denunziert zu werden.

Dank Merkel gelten Zuwanderung und Integration des Islams, Atomausstieg und Ganztagsschulen der Union nicht mehr als Teufelszeug, sondern als rationale Antworten auf die Herausforderungen der Zukunft. Und auch wenn die Union bei der Homo-Ehe noch nicht ganz über ihren konservativen Schatten zu springen vermochte: Mehrere offen schwule Politiker in ihren Reihen hat sie immerhin schon verkraftet. (…)

Deshalb sei die Prognose gewagt: Bei Miete, Mindestlohn und Homo-Themen wird Merkel nach der Wahl ihren Kritikern entgegenkommen. Auch doppelte Staatsbürgerschaft, Lockerungen beim Asylrecht und die Frauenquote werden kommen. Es hängt nur davon ab, wer nach der Wahl mit ihr koaliert. (…)

Bei einer rot-grünen Regierung bestünde die Gefahr, dass sie sich von einer konservativen Opposition und den Boulevardmedien vor sich hertreiben lässt. Bei Angela Merkel dagegen weiß man, dass sie ihre Union im Zaum hält. Darum sind die Aussichten auf eine progressive Politik mit ihr als Kanzlerin besser als ohne sie.

  1. #1 von Der Hofer am 06/09/2013 - 11:57

    Was soll man noch sagen.
    Die Taz schreibt die Wahrheit!!!!
    Armes Deutschland

  2. #2 von andienen am 06/09/2013 - 17:09

    Es hängt nur davon ab, wer nach der Wahl mit ihr koaliert.

    Und ob’s nach der Wahl so gemütlich für Angie bleibt, hängt davon ab, wer gegen sie opponiert.

  3. #3 von luxlimbus am 06/09/2013 - 18:32

    Ja – Deutschland ist mit sich im Reinen.
    Der Hochmut kommt immer vor dem Fall. Was wird man diese Generation noch verfluchen…