Aleviten entschuldigen sich bei Sarrazin

Als PI gestern über die unverschämten Beschimpfungen Berliner Aleviten gegen Thilo Sarrazin berichtete, war für viele Leser der Fall klar: Moslem ist Moslem. Ganz so einfach liegt der Fall aber offenbar nicht. Andere Aleviten distanzieren sich in einem offenen Brief von dem Verhalten ihrer Glaubensgenossen und entschuldigen sich bei Sarrazin. Im Forum zum offenen Brief vermuten mehrere Diskussionsteilnehmer, dass die alevitische Gemeinde Berlin, die einem Besuch Sarrazins zunächst zugestimmt hatte und dann überraschend mit einer holprig abgelesenen Stellungnahme die Einladung zurücknahm, unter dem Einfluss grüner und linker Politbonzen gehandelt habe.

Veröffentlicht wurde der  offene Brief u.a. auf dem Blog einer  in Deustchland geborenen  alevitischen Studentin Cigdem Toprak:

Sehr geehrter Herr Sarrazin,
bestürzt habe ich als Bürger/in mit alevitischen Wurzeln erfahren, dass das Cem-Haus „Kulturzentrum anatolischer Aleviten e.V.“ in Berlin-Kreuzberg Sie im Rahmen ihrer Dreharbeiten mit dem „Aspekte“-Team vom ZDF mit den Worten “Hau ab!” ausgepfiffen und Sie nicht in das Gemeindehaus eingelassen hat.

Ob ich nun Ihre Thesen aus ihrem Buch teile oder mich von ihnen diskriminiert und herabwürdigt fühle, ist hier zunächst belanglos. Die Personen, die im Namen der Alevitischen Gemeinde Berlin und diejenigen, die „Hau ab!“ rufen, haben sich Ihnen gegenüber falsch und aus der Sicht der friedliebenden Aleviten nicht freundlich verhalten. Diese Form des Protests ist aus unserer Sicht unmenschlich und wird als solches nicht hingenommen.

Die Alevitische Lehre erzieht ihre Anhänger zu Liebe gegenüber Mensch und Natur, Humanismus und Toleranz auf. Es ist das autonome Recht der Alevitischen Gemeinde in Berlin, wenn sie Sie in ihren Räumen nicht haben wollen, obwohl auch dies nicht dem Alevitischen Glauben eigen ist. Das gibt ihnen allerdings kein Recht, ihren Argumenten beleidigende Worte hinzuzufügen.

Wir befürchten, dass durch diese emotionale Reaktion auf Ihre Person und Ihre wissenschaftlichen Thesen über Muslime und ihre Integration in Deutschland, die Alevitische Bevölkerung in Deutschland in ein falsches Licht gerückt wird.

Daher möchten wir uns hiermit öffentlich von dem Verhalten unserer Glaubensgenossen distanzieren. Die beleidigenden Worte an Sie tun uns leid. Wir bitten Sie, den Dialog mit den in Deutschland lebenden Migranten nicht aufzugeben. Nur mit Gesprächen im Dialog und gegenseitigen Argumenten können wir unsere Probleme in Deutschland lösen. Solche inhaltlosen Parolen bringen uns nicht weiter und werden dem Alevitentum und ihren Anhängern nicht gerecht.

Humanistische Grüße,

Eser Polat (Rechtsvorstand der Alevitischen Gemeinde Deutschlands und Mitglied des Bayerischen FDP Landesvorstandes)
Sait Icboyun (Vorsitzender des Fachforum Migration der SPD Augsburg und Vorstand der Alevitischen Hochschulgemeinde Augsburg)
Engin Sanli (Vorsitzender der Alevitischen Hochschulgemeinde Augsburg e.V,)
Abuzar Erdogan (Generalsekretär des Bundes der Alevitischen Jugend e.V. Bayern)
Ali Yildiz (Sprecher des Christlich-Alevitischen Freundeskreises der CDU)
Cigdem Toprak
Tayfun Deniz Gücer
Ezgi Karahan
Kemal Abuska
Manolya Yalcin
Fatma Dündar
Derya Bas
Can Sener
Gonca Sener
Ülkü Toprak
Sengül Öktem
Aysin Soydan
Deniz Turhan

(Spürnase: Schröder, Foto: Aleviten demonstrieren in Köln)