Russisches Gas: Bezahlt und doch nicht bezahlt

Von Carsten Ax

Warum wir Gas bezahlt haben, es aber faktisch doch nicht bezahlt haben und warum die Russen Zahlung in Rubel verlangten.
Kurz gesagt ist es so: Wir haben schon bezahlt, aber auf durch uns gesperrte Zentralbankkonten auf die R. nicht zugreifen kann.
Ausführlicher betrachtet, laufen Zahlungen (vereinfacht betrachtet) so ab:
Wenn eine deutsches Energieunternehmen Geld an Gazprom überweist, wird dessen Konto belastet und ein Sammelkonto der Bank (von dem der KD nichts weiß) bekommt eine Gutschrift. Für jede Buchung gibt es immer eine Gegenbuchung.
Im nächsten Schritt wird ein internes Sammelkonto der Bank belastet und das bankinterne Sammelkonto für das Konto welches die Bank bei der Landeszentralbank (BuBa) bekommt das Geld gutschrieben. Noch immer hat das Geld die Bank nicht verlassen.
Diese Information teilt die Bank nun der LZB (in der Folge Buba genannt) durch einen Sammeleinreicher mit. Damit wird die Zahlung ausgelöst.
Die BuBa belastet dann das Konto der Bank. Die Nummer dieses Kontos ist uns allen gut bekannt, es entspricht der BLZ.
Im nächsten Schritt schreibt die BuBa das Konto der ausländischen Notenbank gut, die den Zahlungstransfer zu dem Endempfänger abwickeln soll.
Diese ausländische Notenbank (nennen wir sie ab nun NSD, die russische Notenbank) wird darüber informiert. Daraufhin belastet die NSD das Konto der Buba bei der NSD sebst und schreibt das ihrem eignen Gegenkonto zu zu diesem Konto gut.
(Ebenso folgt dann eine Doppelbuchung auf das Konto der Bank von Gazprom, die Gazprombank. Und die Gazprombank schreibt das Geld Gazprom gut. Gazprom freut sich über den Geldeingang.
Zwischenfazit: Der westliche Energeriekonzern hat weniger Geld, auf seinem Konto. Er glaubt vielleicht leichtgläubig, wie einer Grüner, dass er bezahlt habe. Gazprom hat das Geld theoretisch ja sogar praktisch in Devisen erhalten.
Die Konten aller Banken zu den Zahlungen, jeweils stets zwei je Zahlung, gleichen sich stets aus.
Der BUBA fehlt das Geld auch, da sie nicht über das Geld verfügen darf, welches sie der NSD (russischen Notenbank) gutgeschrieben hat.
Was ist also das Problem, warum wurde doch nicht bezahlt?!
Divisenguthaben und auch Schulden einer Notenbank liegen immer und ausschließlich auf Konten bei ausländischen Zentralbanken im Ausland. D.h. immer führen ausländischen Notenbanken die eigenen Konten. Diese haben die Hand drauf. Vertrauen ist nötig.
Das Konto der NSD, auf dem das Guthaben liegt, ist eben von allen westlichen Notenbanken sanktioniert. In den Medien hört sich das so an: „Die Zentralbankguthaben der russischen Notenbank wurden eingefroren.“
Niemand hat behauptet, dass der Teil der Konten auf den NSD-Konten, der Gazprom gehört NICHT eingefroren wurde. Das geht auch nicht. Wie soll man das Geld auseinander halten?
Wenn hätte man für die Zahlungen von Gazprom für die NSD bei den westlichen Notenbanken extra neue Konten aufmachen müssen. Das ist nicht passiert und hat auch keiner behauptet.
Will sich Gazprom von seinem Geld einen Bürostuhl in USD im Westen kaufen, kommt die Zahlungsinfo bei der westlichen Notenbank an und die sagt heuchlerisch:
„Sorry, uns sind wegen der Sanktionen leider die Hände gebunden. Wir dürfen das Konto nicht anfassen.“
Das heißt die BuBa ignoriert die Zahlungsanweisung. Das heißt die Zahlungen kommen nicht beim Empfänger, dem Lieferanten von Gazprom an und der liefert den Bürostuhl nicht aus.
D.h. die Russen sehen ihr Konto bei allen westlichen Notenbanken immer weiter anschwellen, aber sie können es nicht nutzten. Das Problem der Russen ist, dass sie im Gegensatz zu Italien, keine Schulden im Ausland haben, sondern unfassbare Guthaben angesammelt haben, die den eigenen Staatshaushalt übersteigen und ein mehrfaches des Rüstungshaushaltes ausmachen.
FAZIT:
FAKTISCH hat der Westen eben nicht bezahlt. Es ist nicht klar, wann die Russen darüber verfügen dürfen. Es wird im Westen sogar diskutiert, ob die Ukraine von diesem Geld Waffen kaufen und das Land wieder aufbauen darf.
Die Russen haben sich das Nichtbezahlen des Gases sogar generös ein paar Wochen angeschaut und dann die Reißleine gezogen. Sie verlangen nun Zahlung in Rubel. Nun was ist der Unterschied?
Während Divisenguthaben/-schulden der Russen ausschließlich auf Konten im Ausland liegen können, führt es die Rubelschulden oder -guthaben der anderen Notenbanken selbst. Diese können nicht vom Westen sanktioniert werden.
Daher verlangen sie die Zahlung in Rubel.
Einer weiterer Grund ist, dass dies den Rubel härter macht, da der Westen nun Rubel kaufen muss und nicht mal weiß wo. (paktisch kauft aber die GBP auf dem russischen Markt Rubel dafür, im Zweifel bei der NSD.)
Dass die Gazprombank verwendet wird, liegt nur daran, dass die GPB im Gegensatz zur NSD nicht sanktioniert ist. Damit übernimmt die GBP hier einen kleinen Teil der Notenbankfunktion der NSD.
Diese „Atombombe für die Finanzmärkte“ (Merz), diese „Trumpfkarte“ (ein libanesicher Bloger) konnte der Westen nur einmal in mehreren hundert Jahren ausspielen.
Die Chinesen, Türken, Inder, Brasilianer, Saudis und der Iran sowieso sind alle zutiefst erschrocken und wissen jetzt schlagartig, dass der Westen sie ausschalten kann, wenn sie Dinge tun, die uns widerstreben. Mit sicherheit wird es eines kurzfristig nicht geben:
Einen Einmarsch der Chinesen in Taiwan. Aber wenn sie kaum noch westliche Devisen horten, werden wir wissen was die Stunde bald schlagen wird.
Das Vertrauen ist von 2/3 der Welt ist weg. Daher droht das Petrodollarsystem (und auch Gazprom war ein Teil dieses Petrodollarsystems) auseinanderzubrechen.
Petrodollarsystem bedeutet, dass fast alle Rohstoffe in der größten Währung USD abgewickelt wurde. Da die Gütermenge und die Geldmenge eines Staates immer ausgeglichen sein müssen, wenn es keine Inflation gegen soll, hatten die USA dadurch einen Riesenvorteil.
Die Rohstoffe vergrößern geldpolitisch gesehen die Gütermenge der USA in unfassbarer Weise. Daher können sie die Geldmenge seit Jahrzehnten locker handhaben und sich leichter verschulen, ohne dass es zu einer nennenswerten Inflation kommt.
Auch die EU hatte durch das Petrodollarsystem einen ähnlichen Vorteil, denn der Euro war doch relativ stabil duch die enge wirtschaftliche Verpflechtung mit den USA verbunden. (Arbitrageeffekte verstärken dies.)
Der Laie versteht einfach nicht, was eine Zahlung über Konten ist, daher noch mal. ZAHLUNGEN sind NICHT so einfach wie einen physischen Brief versenden.
Bei jeder Kontenbewegung werden immer ZWEI Konten „angesprochen“.
Bei jeder Bank wird immer eines belastet, währned ein anderes erhält eine Gutschrift erhält. Diese Konten werden stets am Folgetag abgestimmt.
Die dt. Banken müssen NICHT über die BuBa verrechnen, weil das ein Schritt mehr wäre. Sie können auch direkt miteinander verrechnen, insb. die Sparkassen verrechnen viel über ihr eigenes Zahlungsnetz, welches sich dadurch ergibt.
Ausgeglichen, wird am Ende des Tages oder von Zeit zu Zeit nur der SALDO. Theoretisch könnte es auch sein, dass am Ende eines Tages der Saldo 0 ist.
Der Saldo wird dann entweder über die LZB-Konten ausgeglichen oder man schreibt einfach die Forderungen an Banken bzw. Verb. gegenüber Banken um, dann muss aber für einen Tag ein Zinssatz ausgehandelt werden (Zins am Interbankenmarkt).
Theoretisch könnten dt. Banken an den Notenbanken vorbei zahlen und direkt russische Banken ansprechen. Das nennt sich das Korrespondenzbankensystem. Aber auch daraus ergeben sich Salden, die irgendwann ausgeglichen werden und normalerweise findet das über die Notenbanken statt. Man könnte theoretisch Gold oder Geldkoffer versenden oder auch gegenteilige Salden bei anderen ausländichen Banken verrechnen.
Aber für die Zahlungsanweisung braucht man eigentlich SWIFT. Theroretisch reicht aber jedes Informationsmedium aus. Aber es mus fölschungsischer sein. Telex? Gibt es nicht mehr.
Außerdem ist das sanktioniert und die Banken haben die Hosen voll und machen weniger als noch erlaubt wäre.
Die Kunden wissen nicht, dass ZAHLEN so kompliziert ist, weil ihre Konten einfach immer stimmen und sie verfügen können, ohne erst Salden auszugleichen.
Nur weil die Banken eine Zahlung untereinander VERRECHNEN, heißt es NICHT, dass sie darüber VERFÜGEN können, außer durch Gegenpositionen in die umgekehrte Richtung.
„Chronischerweise“ sind die Konten zwischen zwei in Korrespondenz stehenden Banken immer negativ oder positiv, weil deren Kunden halt entweder mehr importieren oder exportieren. Daher braucht es viel Vertrauen in die Bonität der verschuldeten Bank, wie auch in die politische Stabilität eines Staates, um Zahlung auf diese Weise abwickeln zu können.
Exkurs zur Target-2 Saldensystem:
Finden Zahlung aus den EU-Südstaaten statt, wird die BuBa übrigens auch nicht bezahlt. Sie erhält kein seit den 00-er Jahren kein GELD mehr, also der Saldo wird nicht durch Goldzahlungen ausgeglichen. Die Bundesbank bleibt wie die NSD auf der hypothetischen Gutschrift, den TARGET 2 Saldi sitzen.
Die Deutschen können also auch nicht über das Geld verfügen und sich einfach mal was außerhalb des Euroraums 83 Mio. Stück Eis davon kaufen. Es fällt Euch nur nicht auf, weil wir wenig kaufen und immer weiter exportieren und weil wir noch Devisenforderungen an Nicht-EURO-Staaten haben, da wir auch hier Exportüberschüsse haben, sogar mehr als im Eurosystem.

gefunden bei Carsten Ax

  1. #1 von Heimchen am Herd am 05/10/2022 - 19:14

    „Russisches Gas: Bezahlt und doch nicht bezahlt“

    Da blickt doch kein normaler Mensch mehr durch!

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